Körperpsychotherapie
auf Basis der Polyvagaltheorie

In unserer schnelllebigen Zeit „funktionieren zu müssen“ wird im Berufs- und Privatleben eigentlich schon vorausgesetzt. Immer mehr Menschen zeigen durch diese Überforderung Beeinträchtigungen. 

Durch eine „verkopfte“ Gesellschaft, wird der Körper quasi „vergessen“. Er ist wie abgeschnitten und wir sind oft nicht mehr in der Lage Körperempfindungen und Bedürfnissen wahrzunehmen.  

 

Die Zusammenhänge von Körper, Psyche und des autonomen Nervensystems haben meinen Blick auf "Gesundheit" verändert und heute einen hohen Stellenwert in meiner Therapie bekommen. Wie unser Gehirn funktioniert und Erfahrungen abspeichert, wie wir geprägt werden und welche große Rolle es im Erwachsenenalter hat. Welchen Einfluss es auf unser Verhalten hat und unseren Körper formt, unsere Gefühle steuert und sich auf unser körperliches und psychisches Wohlbefinden auswirkt.

 

 

Körpergedächtnis

Im Körper werden, wie in der Psyche auch, Erlebnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten abgespeichert und prägen den Menschen ein Leben lang. Oft haben wir dazu keinen bewussten Zugang. Das hat zur Folge, dass Verhalten, Handlungen oder Reaktionen automatisch unbewusst ablaufen und nicht immer sind diese der aktuellen Situation angemessen. Unser gegenwärtiges Verhalten gibt Auskunft über die Prägungszeit. Oft reagierten wir mit „alten Gefühlen“ auf aktuelle Situationen. 

Ein Ansatzpunkt in der Therapie ist Körperempfindungen wahrzunehmen, einzuordnen und versuchen Zusammenhänge zu erkennen. Die Sprache des Körpers zu begreifen, wo Unbewusstes sich körperlich ausdrückt.  

 

Die Dysregulation des autonomen Nervensystems (=ANS)

Neurobiologisch kann diese Überforderung auch zu einer Dysregulation des autonomen Nervensystems führen. Dies wiederum kann sich dann in körperlichen und psychischen Symptomen zeigen.

 

Das autonome Nervensystem (ANS)  

Es ist zuständig für unbewusst ablaufende Körperfunktionen wie z.B. Hersschlag, Atmung oder Verdauung. Das ANS wird über den Sympathikus, auch Tagnerv und Parasympathikus, auch Nachtnerv geregelt. 

Der Tagnerv, wie das Synonym bereits verrät, bereitet den Körper auf Aktivität vor, und wir starten bestenfalls mit Energie und Kraft in den Tag. Außerdem ist er aktiv, wenn wir uns stressen, uns ärgern oder überlastet sind. In der Fachwelt wird auch von dem Kampf- und Fluchtmodus gesprochen. 

Der Nachtnerv ist für das Gegenteil verantwortlich, er lässt uns zur Ruhe kommen und bereitet uns auf einen entspannten Schlaf vor. Aber auch bei Erschöpfungs- und Schmerzzuständen, Traurigkeit oder bei großer Gefahr kann er eingeschaltet sein.

 

Dysregulation des ANS und "das Toleranzfenster" ( Erklärungsmodell von Dr. D. Siegel)

Dr. Siegel hat das „Toleranzfenster“ als Erklärungsmodell entwickelt und beschreibt folgendes:    "bewegt" sich das autonome Nervensystem (ANS)  innerhalb dieses Fensters, ist es gut reguliert. Hier befinden wir uns in einem gesunden Bereich und fühlen uns körperlich und psychisch ausgeglichen.

Sobald die Schwingungsspitze aus dem Toleranzfenster ragen, befinden wir uns in einem ungesunden Bereich (Dysregulation). Dies kann viele Folgen haben, die das Lebensgefühl negativ beeinträcht.

 

Symptome bzw. Ursache einer Dysregulation

Es kann zu erhöhter Aktivität kommen, Ruhelosigkeit, Sprichwörtlich auch der „Hansdampf in allen Gassen“, Konzentrationsstörungen, überhöhter Aktionismus, Muskelverspannungen, Kopf-Kiefergelenksschmerzen. Aber auch das Gegenteil kann entstehen wie starke Erschöpfung, Schmerzen und als Folge starke Muskelverspannungen, eingeschränkte Gelenkfunktionen und fehlende Beweglichkeit, Schlaf- und Konzentrationsstörungen, traurige Verstimmung, Überforderung, erhöhte Empfindlichkeit, der Antrieb fehlt. Zudem fehlen dem Körper Erholungsphasen und Regeneration! Am Abend kommt quasi der körperlicher Zusammenbruch und für Freizeit und Hobbys steht keine Energie mehr zur Verfügung. Es können sich Ängste bis hin zur Vereinsamung, das Gefühl nicht verstanden zu werden und Schwierigkeiten im zwischenmenschlichen Bereich einstellen. 

"Eine Dysregulation  kann sich somit in allen Lebensbereichen zeigen, ob psychisch oder körperlich. Es stellt sich das Gefühl ein, nur noch funktionieren zu müssen ohne auf den Körper zu achten"!

 

 

Dysregulation und Kindheit

Ursache einer Dysregulation kann auch früh in der Kindheit entstehen durch eine "Bindungsunterbrechung" oder "Entwicklungstrauma.                              

Bei dem Wort Trauma denken wir oft an ganz schlimme Ereignisse wie z.B. ein schwerer Autounfall, Katastrophen oder Ereignisse mit körperlicher Gewalt ….

Aber bereits vor, während oder direkt nach der Geburt und auch  Jahre danach kann sich durch hochgradige stressbelastete Interaktionen z.B. liebloses Verhalten, Vernachlässigung oder Fehlverhalten der Bezugspersonen ein Entwicklungstrauma bilden (Quelle: D.Charf).

Das kann sich dann später im Erwachsenenalter, häufig im zwischenmenschlichen Bereich (Partner, Arbeitskollegen, Freunde) zeigen. Wir sind mit dem eigenem Leben nicht mehr zufrieden. Vieles ist uns bewusst und wir wissen auch, dass in der Vergangenheit einiges „schief“ gelaufen ist. 

  

Das Ziel ist das autonome Nervensystem mit erlernten Interventionen in einen regulierten Zustand zu lenken (Selbstregulation).   

Bewegt sich das ANS wieder im gesunden Bereich, dieser Bereich wird auch "soziales Nervensystem" genannt, sind soziale Interaktionen möglich. Wir sind neugierig auf die Welt, die Fähigkeit zu reflektieren ist gegeben und  Kommunikation gelingt deutlich besser. Wir sind ausgeglichener, können in Ruhephasen wieder Kraft und Energie aufladen, auch Schmerzzustände verringern sich und wir haben Lust auf Lebenspläne, freuen uns auf Freizeit/Hobby, gehen gerne in Kontakt und genießen das Leben. Es gelingt uns nach turbulenten Situationen oder Ereignissen zeitnah in einen Zustand der inneren Ruhe zurückfinden. 

 

Sicherheit und Vertrauen in der Therapie

Das Wissen aus der Polyvagaltheorie beschrieben von Prof. St. Porges hat Einfluss auf die Therapieeinheit. In der Polyvagaltheorie wird u.a. der hohe Stellenwert von  „Sicherheit“ erklärt. Gemeint ist das "Gefühl" von Sicherheit! Es ist evolutionär tief in uns verankert und wir nehmen es bewusst nicht mehr wahr, aber unser autonomes Nervensystem (ANS) scannt automatisch ständig die Umgebung ab und überprüft ob diese sicher ist oder nicht. Dies ist ein neurobiologischer Vorgang. Die Bewertung des ANS, ob die Umgebung oder auch mein Gegenüber "sicher" ist, hängt damit zusammen welche Erfahrungen wir im Leben gemacht haben. In der Therapie ist es daher auch wichtig, ein „sicheres“ und ruhiges Umfeld zu schaffen.  Eine empathisch zugewandte Begegnung tragen ebenfalls dazu bei, das „soziale Nervensystem“ einzuschalten. Erst dann kann positive Veränderung geschehen!

 

Polyvagaltheorie

Polyvagaltheorie ist ein Erklärungsmodell und wurde 1994 von dem Professor für Psychiatrie Stephen Porges begründet. Hier geht es um den Aufbau, die Eigenschaft und die Funktionsweise des autonomen Nervensystems (ANS).

Das autonome NS (oder auch Vegetativum) regelt, wie bereits beschrieben, alle unbewussten Aktivitäten in unserem Körper (Herzschlag, Verdauung, Atmung u.v.m.) und wird über den Sympathikus und Parasympathikus geregelt. Der Hauptnerv vom Parasympathikus ist der 10. Hirnnerv, der Vagusnerv.

In seinen wissenschaftlichen Arbeiten erkannte Porges den hohen Stellenwert von Sicherheit und verlässliche Bindungen. Unbewusst ist der Mensch bzw. sein Nervensystem ständig auf der Suche nach einer sicheren Lebensumgebung.

Das  heißt, dass das ANS ständig unsere Umgebung daraufhin untersucht, ob sie sicher, gefährlich oder sogar lebensbedrohlich erscheint. Dazu verwendet es Signale, die sowohl aus der Umgebung als auch aus den inneren Organen an das ANS übermittelt werden (=Neurozeption).

Außerdem hat Porges  entdeckt, dass der Vagusnerv nicht ein einzelner Nerv ist, sondern tatsächlich aus zwei separaten Ästen (dorsal und ventral) besteht, die unterschiedliche Aufgaben erfüllen. 

Es gibt drei autonome Systeme im Nervensystem und je nachdem in welchem Zustand der Mensch sich befindet,  ob sicher, unsicher  oder große Gefahr, wechselt das Nervensystem von einem zum anderen System. Ein gesundes Nervensystem passt sich ständig an und ist flexibel.

 

Diese drei autonomen Systeme im NS:

  1. Bewertet das ANS die Umgebung als sicher, wird das Social-Engagement-System (SES) aktiviert, das u.a. soziale Interaktion ermöglicht. Hierbei wird der ventrale Vagus aktiv.
  2. Wird die Umgebung als bedrohlich eingeschätzt, aktiviert das ANS den Kampf- oder Fluchtmodus. Dies ist eine Aufgabe für den Sympathikus
  3. Erscheint eine Situation als lebensgefährlich und Kampf / Flucht als nicht möglich, bewirkt das ANS über den dorsalen Vagus eine Erstarrung.

 

Wenn ein Mensch sich bedroht fühlt, versucht er zuerst durch soziale Interaktion die Gefahr zu bannen. Gelingt dies nicht oder erscheint der Versuch von vornherein aussichtslos, schaltet das System um auf „Kampf oder Flucht“. Ist auch dies nicht möglich, wird in den dritten Modus, die Erstarrung, gewechselt. 

 

Negative Prägungen aus der Vergangenheit können zu falschen Einschätzungen führen.

Dabei kann es vorkommen, dass das ANS zu einer falschen Einschätzung, in den meisten Fällen zu einer falsch-negativen Einschätzung der Umgebung kommt: Selbst wenn objektiv kein Grund zur Angst besteht, kann der Körper völlig anders reagieren und wir beginnen plötzlich zu zittern oder unser Herz fängt an, heftig zu pochen.

Dies ist häufig der Fall, wenn Menschen in der Vergangenheit negative Erfahrungen gemacht haben, die einschneidend waren z.B. traumatische Ereignisse. Das Nervensystem ist in diesen Fällen quasi zu empfindlich eingestellt. Dies ist vergleichbar mit einem Feuermelder, der bereits dann Alarm gibt, wenn nur die Sonne zum Fenster hereinscheint.

Mittels der Neurozeption beeinflusst unser ANS also maßgeblich unser Verhalten.

 

Der Zustand des ANS als Wahrnehmungs- und Verhaltensfilter

Je nachdem in welchem Modus sich unser ANS aufgrund der autonomen Einschätzung befindet, wird der gleiche Reiz unterschiedlich interpretiert und führt zu ganz unterschiedlichen Wahrnehmungen und Verhaltensweisen.

Der Zustand des Autonomen Nervensystems beeinflusst auf diese Weise beispielsweise die Fähigkeit zum Zuhören, zum Verarbeiten von Informationen, in soziale Interaktion treten zu können und generell das gesamte Sozialverhalten. Es hängt also nicht nur von unserem „Wollen“ ab, wie wir uns verhalten und welche Fähigkeiten wir einsetzen, sondern oftmals „können“ wir aufgrund unseres vegetativen Zustandes nicht anders. Das ist eine wichtige Information (nicht nur) für Therapeuten.

Diese Tatsache erklärt recht schlüssig, warum es vielen Menschen so schwer fällt, die Dinge, die sie als richtig erkannt haben, in die Tat umzusetzen. 

Oder warum es uns häufig geschieht, dass wir in einer Übung oder in einer entspannten Situation als hilfreich erlebte Verhaltensweisen souverän beherrschen – und sie uns unter Stress plötzlich nicht mehr zur Verfügung stehen. 

Das Nervensystem verknüpft Informationen aus verschiedensten Hirnbereichen miteinander inklusive den Organen. Je größer die Gefahr über die Neurozeption eingeschätzt wird, desto weniger Gehirnbereiche stehen uns zur Verfügung. Wird der ventrale Vagus in seiner Aktivität reduziert, sind weite Bereiche unseres kognitiven Verstandes nicht mehr zugänglich. Und wenn wir in einen dorsal-vagalen Zustand fallen, regiert ausschließlich das Stammhirn mit seinen eingeprägten Instinkte

 

Zustände des ANS (=autonome Nervensystem)

Anzeichen für einen ventralen Vagus- Zustand:

  • Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit
  • Entspannung
  • Regeneration
  • Soziale Interaktion
  • Zugang zu eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen
  • „Erwachsenes“ Verhalten
  • Neugier
  • Spiel
  • Kreativität
  • Flow

 

Anzeichen für einen Zustand im Sympathikus

  • Fokussierte Aufmerksamkeit
  • Erhöhte Wahrnehmung
  • Unruhe, Erregung, Angst
  • Bewegungsdrang
  • Gesteigerter Puls und Blutdruck
  • Erhöhter Adrenalinspiegel
  • Gesteigerte Aggressivität
  • Kraft
  • Körperspannung

 

Anzeichen für einen dorsalen Vagus- Zustand:

  • Antriebslosigkeit
  • Ratlosigkeit
  • Hilflosigkeit
  • Gedankenkreisen
  • Erstarrung
  • Erschlaffung
  • Dissoziation
  • Depression

 

Durch positive Erfahrungen kann das Gehirn und das ANS in Veränderung gehen. Es werden neue Verknüpfungen im Gehirn verschaltet.

 

Orientierungs-und Achtsamkeitsübungen

Orientierungsübungen helfen ein Gefühl von Sicherheit herzustellen. Neue Reaktionsmuster können entstehen.

 

Grenzen und Begrenzung

Wo sind meine, aber auch die Grenzen bei meinem Gegenüber. 

 

Körperhaltung

Körperhaltungen beeinflussen die emotionale Grundhaltung. Psyche und Stoffwechsel drücken sich in der Körperhaltung aus.

Gefühle werden über Körperhaltung verdeutlicht. Bin ich traurig wird der Körper klein und zieht sich zusammen, bei Freude werden wir groß, sind aufgerichtet.

 

Spannungszustände verringern

Entspannungstechniken wie z.B. Progressive Muskelrelaxation (PMR)                                                 Vagus-Aktivierung (der Vagus-Nerv sorgt für Entspannung)                                                                         Muskelverspannungen lösen

Atemübungen und Bodyscann

 

Selbstannahme

Mitgefühl für sich selbst entwickeln! Wie "funktioniere" ich eigentlich? Die eigene Prägung erkennen und annehmen, dass  diese irgendwann sehr wertvoll und auch sinnvoll war und uns durch das Leben geführt hat. Zusammenhänge verstehen von damals und heute. Die eigenen Talente und Ressourcen wieder entdecken. Die Dinge erkennen, die wir erreicht haben und lernen, den Fokus auf die erfolgreichen und schönen Momente zu lenken.  Wohlwollend mit einer liebevollen eigenen Fürsorge zukünftig durch das Leben gehen.

 

Werte/ Bedürfnisse /  Ziele

Was brauche ich, was ist mir wichtig und wie soll mein Leben zukünftig aussehen. Die Beschäftigung mit den eigenen Werten und Bedürfnissen! Zu unterscheiden von welcher Ebene diese entspringen, aus einer kindlichen oder erwachsenen Ebene ("inneres Kind").

 

Psychoedukation

Zusammenhänge werden erklärt!

 

Körperpsychotherapie 

Die Körperpsychotherapie hat sich auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnissen entwickelt und wird mittlerweile auch bei Entwicklungs- und Schocktraumata erfolgreich eingesetzt. Peter Levine, ein Biophysiker und Psychologe aus Kalifornien gilt als führender Experte in körperbezogener Traumatherapie.

 

 

Die auf diesen Seiten verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich immer gleichermaßen auf weibliche und männliche Personen. Auf eine Doppelnennung und gegenderte Bezeichnung wird zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet.

 

Galerie

HPPraxis Bettina Eilts, Neustädter Wall 6, 26427 Esens

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